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Fitnessstudio in Bad Iburg darf vorläufig öffnen – Nds. Corona-Verordnung steht nicht entgegen

Presseinformation Nr. 06/2020


OSNABRÜCK. Mit Beschluss vom heutigen Tage hat die dritte Kammer des Verwaltungsgerichts Osnabrück vorläufig und bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache festgestellt, dass die aktuelle Niedersächsische Verordnung zur Bekämpfung der Corona-Pandemie vom 8. Mai 2020 dem Betrieb eines Indoor- und Outdoor-Fitnessstudios in Bad Iburg unter Einhaltung des dortigen strengen Hygiene-, Abstands- und Höchstbelegungskonzeptes nicht entgegensteht.

Der Betreiber eines Fitnessstudios in Bad Iburg mit den Schwerpunkten Fitness, Rehasport und Physiotherapie hatte sich am 30. April 2020 mit einem Eilantrag an das Verwaltungsgericht Osna­brück gewandt, um die Öffnung seines Fitnessstudios zu erreichen (vgl. auch die NOZ-Berichterstattung vom 03.05.2020). Antragsgegner ist das Land Niedersachsen, vertreten durch das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung, das von der Unzulässigkeit des Antrags ausgeht, weil es sich in der Sache um einen Normenkontrollantrag handele, für den das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht zuständig wäre. In der Sache halte es die Schließung für gerechtfertigt, weil mit dem Betrieb des Fitnessstudios ein erhöhtes Infektionsrisiko einhergehe.

Zur Begründung des stattgebenden Beschlusses führte die Kammer aus, auch außerhalb einer Normenkontrolle könne einstweiliger und effektiver Rechtsschutz bis zur Entscheidung der in der Hauptsache zu erhebenden Feststellungsklage gewährt werden. Inhaltlich sieht die Kammer im Zeitpunkt ihrer Entscheidung in dem noch unbeschränkt geltenden Verbot der Öffnung von Fitnessstudios einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz aus Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes.

Anders als dem parlamentarisch legitimierten Gesetzgeber stehe der Verwaltung kein gerichtlich nicht oder nur eingeschränkt überprüfbarer Einschätzungsspielraum zur Verfügung. Vielmehr sei die Verwaltung auch bei Verordnungen zur Bekämpfung der Corona Pandemie an die Grundrechte und an das Prinzip der Verhältnismäßigkeit gebunden. Schränke der Verordnungsgeber die Grundrechte ein, so habe er dies ständig auf das Fortbestehen der Erforderlichkeit hin zu überprüfen. Hieraus folge, dass auch eine ursprünglich zulässige Maßnahme durch Zeitablauf und tatsächliche Entwicklungen rechtswidrig werden könne. Da in Niedersachsen Friseur- und Gaststättenbesuche wieder zulässig seien, bei denen denklogisch regelmäßig sogar der Mindestabstand unterschritten werden müsse, um Kunden bedienen zu können, sei ein sachlicher Grund, demgegenüber den Betrieb von Fitnessstudios ausnahmslos zu verbieten, nicht ersichtlich. Die Kammer vermochte auch kein spezifisches erhöhtes Infektionsrisiko durch den Betrieb von Fitnessstudios mit einem derartigen Hygienekonzept zu erkennen, zumal der Betrieb von Fitnessstudios etwa im unmittelbar angrenzenden Nordrhein-Westfalen grundsätzlich zulässig sei.

Der Beschluss (3 B 23/20) ist noch nicht rechtskräftig und kann binnen zwei Wochen nach Zustellung vor dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht in Lüneburg angefochten werden.

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erstellt am:
11.05.2020

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