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Umweltverbandsklage gegen Neubau von Angelstegen am Westufer des Darnsees in Bramsche erfolgreich

Presseinformation Nr. 14/2021


OSNABRÜCK. Mit Urteil von heute hat die 3. Kammer des Verwaltungsgerichts auf die heute durchgeführte mündliche Verhandlung der Klage eines anerkannten Umweltverbandes stattgegeben. Sie hat die einem Angelverein vom Landkreis Osnabrück (Beklagter) erteilte Genehmigung für den Neubau von Brücken und Stegen innerhalb des Naturschutzgebiets Darnsee aufgehoben und den beklagten Landkreis verpflichtet, die Beseitigung der bereits errichteten Brücken und Stege anzuordnen.

Das Naturschutzgebiet Darnsee in Bramsche ist mit Verordnung aus Juni 2018 zum Naturschutzgebiet erklärt worden. Das Naturschutzgebiet ist zugleich ein europarechtlich geschütztes Flora-Fauna-Habitat-Gebiet (FFH-Gebiet). Die Naturschutzgebietsverordnung erlaubt das Angeln von sieben Stegen und befestigten Bereichen am Nord-, Ost- und Südufer des Sees, darüber hinaus sind laut einer zur Verordnung gehörigen Karte am Westufer fünf Angelstellen markiert, von denen aus das Angeln zulässig sein soll.

Der Beklagte erteilte dem beigeladenen Angelverein im Dezember 2018 die mündliche Genehmigung für Stegbaumaßnahmen am Westufer des Sees. Diese umfassten den Rückbau von drei bestehenden Stegen und einer Brücke sowie den Neubau einer Brücke, die Instandsetzung eines Steges sowie den Neubau von drei Stegen. Überdies soll eine einheitliche Zuwegung entstehen. Die gesamte Steganlage befindet sich innerhalb so genannter prioritärer Lebensraumtypen nach der FFH-Richtlinie (Typ 91D0 „Moorwälder“ und Typ 7210 „Kalkreiche Sümpfe mit Cladium mariscus und Arten des Caridion davallianae“).

Nachdem ein gegen diese Baumaßnahmen eingelegter Widerspruch des Umweltverbandes beim Beklagten erfolglos geblieben war, hat sich der Umweltverband mit einer Klage an das Verwaltungsgericht gewandt (s. auch die Berichterstattung in der NOZ online vom 09.10.2019) – mit Erfolg.

Zur Begründung des stattgebenden Urteils führte der Vorsitzende in seiner mündlichen Urteilsbegründung aus, die vom Beklagten erteilte Genehmigung verstoße gegen naturschutzrechtliche Vorschriften. Der Beklagte habe es versäumt, vor der Erteilung der Genehmigung die hier erforderliche FFH-Verträglichkeitsprüfung in Bezug auf die zu erwartende Beeinträchtigung der geschützten Lebensraumtypen ordnungsgemäß durchzuführen. Der Umstand, dass am Darnsee seit mehr als 80 Jahren geangelt werde, führe nur dazu, dass das Angeln an bestimmten Stellen zulässig bleibe, der Neubau von Stegen am Westufer sei aber einer FFH-Verträglichkeitsprüfung unterworfen. Aus der Begründung der Naturschutzgebietsverordnung selbst ergebe sich ausdrücklich die Notwendigkeit einer vollständigen Beruhigung des Westufers. Insbesondere die vom Beklagten vorgenommene Bilanzierung, die zu der Annahme geführt habe, der Eingriff in die Lebensraumtypen sei nicht erheblich, weil zeitgleich bislang vorhandene Stege zurückgebaut worden seien, gehe fehl. Kompensations- und Ausgleichsmaßnahmen seien nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) bei der Prüfung der Verträglichkeit eines Projekts nicht zu berücksichtigen. Für eine so genannte Abweichungsgenehmigung sei kein Raum, weil keine überwiegenden öffentlichen Interessen hierfür erkennbar seien und das Angeln zudem am Nord-, Ost- und Südufer weiterhin zulässig sei. Auch lasse die Naturschutzgebietsverordnung selbst nicht den Bau von neuen Stegen und Wegeverbindungen zu. Die Möglichkeit, neue Stege zuzulassen erstrecke sich ausschließlich auf das Nord-, Ost- und Südufer. Soweit die Verordnung das Angeln an fünf „Stellen“ am Westufer gestatte, seien davon gerade keine Baumaßnahmen erfasst. Schließlich sei die Kammer der Auffassung, dass ein rechtmäßiger Zustand am Westufer des Sees nur durch die Beseitigung der baulichen Anlagen erreicht werden und eine FFH-Verträglichkeitsprüfung hier nicht nachgeholt werden könne, weshalb sie den Beklagten verpflichtet habe, gegenüber dem Beigeladenen die Beseitigung der errichteten Anlagen anzuordnen.

Das Urteil (Az. 3 A 135/19) ist noch nicht rechtskräftig und kann binnen eines Monats nach Zustellung der schriftlichen Entscheidungsgründe mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung vor dem Nds. Oberverwaltungsgericht in Lüneburg angefochten werden.

Artikel-Informationen

erstellt am:
15.06.2021

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